Die Bevölkerung in Deutschland stellt hohe Erwartungen an die Versorgungsqualität eines Krankenhauses. Akzeptiert wird, dass die Grunderkrankung oder eine Verletzung schwerwiegende Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der betroffenen Patienten hat und auch zum Tod führen kann. Anders sieht es aus, wenn es um vermeidbare Zwischenfälle geht, die während des Aufenthalts in einem Krankenhaus auftreten. Hier erwarten Patienten und Angehörige (zu Recht), dass ein professionelles System Notfälle erkennt, wenn sie eingetreten sind, aber auch Notfälle verhindert, wenn deren Entwicklung sich anbahnt und somit erkennbar war.

Die Kollegen Heller und Koch bieten in ihrem Leitthemenbeitrag der vorliegenden Ausgabe von Der Anaesthesist Konzepte zur Optimierung der Patientensicherheit im Krankenhaus an [Literaturstelle unten angeben].

Wie in vielen Bereichen der Medizin wird wieder einmal deutlich, das bekannte und bewährte Konzepte nicht nur gelesen, sondern auch lokal implementiert werden. Sinn und Zweck von Reanimationsteams werden nicht bestritten, und die meisten Krankenhäuser haben selbstverständlich solche Strukturen geschaffen. Unter dem Aspekt aber, dass in der retrospektiven Auswertung von innerklinischen Herz-Kreislauf-Stillständen in bis zu 80 % der Fälle [1] Vorboten einer drohenden Verschlechterung des Patientenzustands nicht nur erkannt, sondern auch dokumentiert wurden, sollten Krankenhäuser besser aufgestellt sein. Die Autoren beschreiben in ihrer Arbeit, dass medizinische Einsatzteams (MET) mit definierten Alarmierungskriterien nur zu 22 % in Deutschland etabliert wurden. Eine einheitliche Notfallnummer für innerklinische Notfallereignisse, analog der europaweit gültigen und bekannten Rufnummer 112, fehlt in 90 % der betrachteten Krankenhäuser.

Damit Patientinnen und Patienten sich im Krankenhaus sicher fühlen können, bedarf es der Verschaltung von afferenten und efferenten Schenkeln. Einheitliche Alarmierungswege, einheitliche Alarmierungskriterien, einheitliche und verpflichtende Schulungsmaßnahmen für einfache Nofallversorgungsmaßnahmen, gut trainierte Notfallteams/MET und abschließend ein passendes Qualitätsmanagement bilden die Kernelemente.

Auch innerklinisch ist eine Rettungskette in Form eines klug konzipierten Notfallkonzepts notwendig

Alles bekannt und dennoch nicht umgesetzt? Als Grund für die Nichteinrichtung von MET wird häufig der Personalmangel genannt. Unstrittig sind die Belastungen, insbesondere des Pflegepersonals, sowohl auf peripheren Einheiten als auch Intensivstationen. Ein klug konzipiertes Notfallkonzept vermindert jedoch die ungeplanten Notfallverlegungen auf eine Intensivstation [2], verringert die akute Arbeitsbelastung bei der Abarbeitung einer schwerwiegenden Notfallsituation für das Personal von peripheren Stationen und reduziert somit – auf das Krankenhaus gesehen – unnötige Mehrarbeit. Wie schon in der prähospitalen Notfallversorgung ist auch im Krankenhaus eine Kette aus einzelnen, gestärkten Gliedern notwendig, damit Patientinnen und Patienten nicht gefährdet werden. Regelmäßige, an den Zustand der Patienten adaptierte Vitalfunktionskontrollen, klare, durchaus auch automatisierte Alarmierungskriterien und eine gut vorbereitete – d. h. geschulte – Versorgung bis zum Eintreffen der MET/Notfallteams sind der eine Teil [3]. Aber auch die MET und Notfallteams benötigen regelmäßige Schulungen für ihre Tätigkeit. Im Gegensatz zum Notarztteam warten MET/Notfallteams nicht auf den nächsten Notfall, sondern werden aus ihrer aktuellen Tätigkeit heraus abgerufen. Im Gegensatz zum Notarztteam sind vom Gesetzgeber keine regelmäßigen Fort- und Weiterbildungen für innerklinische Notfallteams vorgeschrieben worden. Auf Nachfrage in einzelnen Kliniken nach Gründen für die Nichtteilnahme an angebotenen Fortbildungsmaßnahmen wird häufig damit argumentiert, dass das hochqualifizierte Personal (Fachpflegekräfte und ärztliches Personal) am Patientenbett auf der Intensivstation benötigt wird und damit keine Zeit für regelmäßige Notfallschulungen hat. Diese Ansicht ist sicher ein Trugschluss, da eben diese benötigte hohe Qualität der Versorgung bei Notfällen nur durch ergänzende Fortbildung sichergestellt werden kann.

Wie dies umsetzbar ist und auch zum Erfolg für die Patienten wird, stellen Heller und Koch am Beispiel des Universitätsklinikums Dresden dar. Neben Planung, Implementierung und täglicher Praxis des MET am Klinikum Dresden komplettiert ein Qualitätsmanagementwerkzeug das Notfallversorgungskonzept. Mit dem Deutschen Reanimationsregister steht seit mehreren Jahren ein Tool zu Erfassung, Auswertung und Vergleich der Ergebnisse für innerklinische Notfalleinsätze und Reanimation zur Verfügung [4]. Nach Gründen für die Nichtteilnahme an diesem Instrument zu Qualitätskontrolle und -verbesserung gefragt, wird in einzelnen Kliniken häufig damit argumentiert, dass der organisatorische Aufwand zu groß sei. Jede Narkose wird in einem Narkoseprotokoll dokumentiert, jeder Notarzteinsatz in einem entsprechenden Notfallprotokoll. Aber die Dokumentation der innerklinischen Notfallversorgung erscheint zu schwierig?

Ohne Daten keine Verbesserung, ist eine alte und immer noch gültige Regel. Hier sollten wir alle mit gutem Beispiel für die Optimierung der Patientenversorgung im Krankenhaus zusammenarbeiten und voranschreiten. Die Patienten werden es uns danken.

Prof. Dr. Jan-Thorsten Gräsner, FERC

Dr. Jan Wnent, FERC